Der Traum eines jeden „Garagenwinzers“ ist für Torsten Pollig und
Jan Schmidt in Erfüllung gegangen: Das noch junge Mini-Weingut Pollig & Schmidt in
Ahrweiler hat es wenige Jahre nach seiner Gründung im Jahr 2015 in die renommierten
Weinführer geschafft. Im Vinum-Weinguide wurden die beiden ambitionierten
Nebenerwerbswinzer bereits 2020 als „Entdeckung des Jahres“ an der Ahr gefeiert. Jetzt
hat es ihr Weingut, mit einer Fläche von knapp einen Hektar wohl das kleinste an der
Ahr, auch in den Eichelmann-Weinführer geschafft.
Und das gleich mit einem Paukenschlag. Pollig & Schmidt erhielten vom Stand weg zwei
von fünf Sternen - die höchstmöglichste Bewertung für Neulinge. „In einem schwierigen
Jahr so stark einzusteigen, ist schon klasse. Wenn es nach uns geht, ist das aber noch
nicht das Ende der Fahnenstange“, zeigen sie sich im Gespräch mit dem General-Anzeiger
voller Tatendrang.
Dabei kam der Erfolg durchaus überraschend. Denn die gemeinsame Gründung eines
Weinguts war eine sehr spontane Idee. Ein befreundeter Winzer verkleinerte seinen
Betrieb und bot Schmidt, der zuvor schon viele Jahre im Nebenerwerb Trauben an
Brogsitter geleifert hatte, einen kleinen Weinberg im Ahrweiler Silberberg an.
Eigentlich sollten auch diese Trauben bei Brogsitter abgeliefert werden - doch dann
hatte Schmidt die zündende Idee: „Warum machen wir nicht selber Wein?“
Pollig sah das zunächst als „Spinnerei“, war aber auch nicht abgeneigt. „Ich schlief
eine Nacht drüber, und am nächsten Morgen war das Kind geboren“, schmunzelt er heute.
Die Räume standen in Polligs Haus in der Ahrweiler Oberhutstraße 21 grundsätzlich zur
Verfügung, war dort doch in früheren Jahrzehnten eine Weinhandlung ansässig. So
produzierte das Nebenerwerbs-Dou im ersten Jahr gerade mal 300 Flaschen Spätburgunder
„ausschließlich nach unserm Geschmack“. Doch der Wein schmeckte auch den Freunden und
Bekannten prima. So angespornt kamen nach und nach weitere Weinberge in guten Lagen
hinzu, etwa im Ahrweiler Rosenthal und in der Walporzheimer Alten Lay, teils auf
Steilterrassen und mit alten Reben bestockt. Mittlerweile ist das Weingut auf einen
Hektar Rebfläche angewachsen.
„Bei uns steht der Qualitätsgedanke über allem“, erklärte Pollig. „Wir legen null
Wert auf Masse, für uns zählt nur Klasse.“ Im Nebenerwerb könne man sich diesen Luxus im
Gegensatz zu Haupterwerbswinzer auch leisten. Allerdings seien anfangs einige
Investitionen nötig gewesen, um die nötigsten Gerätschaften für die Weinerzeugung
anzuschaffen: von der vergleichsweise winzigen Traubenpresse über lange Schläuche bis
hin zu den Weinfässern.
Gerade letztere sind schon etwas ganz Besonderes an der Ahr, denn mittlerweile nennt
das Weingut Pollig & Schmidt 20 kleine Eichenfässer sein Eigen. Allerdings in sehr
ungewöhnlichen Formaten, vom halben Barrique mit 114 Litern über
100- und 75-Liter-Fässer bis hin zu niedlichen 50-Liter-Fässchen, „Die kleinen
Fässer erlauben es uns, die Weine Parzelle für Parzelle auszubauen. Am Ende überlegen
wir dann, ob wir eine Cuvée daraus machen oder doch einen Lagenwein", erklärt Pollig die
Vorteile.
Aber Schmidt weiß auch: „Der Wein wird im Weinberg gemacht und
nicht im Keller." Deshalb legen die beiden extrem hohen Wert auf die Arbeit im Wingert.
„Wir lassen uns von der Natur treiben, die gibt uns vor, was zu machen ist", so Schmidt.
Sie selbst wollen sich keine Zwänge auferlegen und sich in kein Korsett zwängen, da
ohnehin jedes Jahr anders sei. „Und das Schönste:
Jedes Jahr lernen wir etwas dazu und werden immer ein Stück weit gelassener", freuen
sich die beiden Winzer-Autodidakten.
Im Keller überlassen sie ebenfalls der Natur die Arbeit. Alle Weine werden
spontanvergoren, mindestens anderthalb Jahre im Fass ausgebaut und keinerlei Schönung
unterzogen. „Wir bevorzugen naturbelassenen, ungeschminkten Wein", so Pollig. „Und den
wollen wir so authentisch wie möglich und in höchstmöglicher Qualität in die Flasche
bringen." Wobei auch das Abfüllen noch reine Handarbeit ist, ebenso wie das Verkorken
und das Aufbringen der Etiketten. Auf eine Kapsel am Flaschenhals verzichten sie, auch
aus Umweltgründen. Zumal sie im kommenden Jahr ohnehin versuchen wollen, vom Weinberg
bis zur Flaschenfüllung zu 100 Prozent biologisch zu arbeiten.
„Wir verbringen ohnehin fast jeden Tag im Weinberg", gibt Pollig zu, dass das
Weingut mittlerweile über das reine Hobby-Stadium weit hinaus ist. Der zunehmende Erfolg
bedingt auch, dass die Vermarktung der Weine mehr und mehr in den Vordergrund rückt.
„Auch das muss erst mal wachsen", stellt Schmidt fest.
Da es von ihren Weinen gerade mal 3000 Flaschen pro Jahr gibt, stellen sie schon
eine Rarität dar. Es sei nicht einfach gewesen, den richtigen Preis für die Weine zu
finden. „Schließlich wollen wir weder drauflegen noch die potenzielle Kundschaft durch
überzogene Preise vergraulen.“ Pollig denkt, dass das Weingut nun seinen Weg gefunden
habe mit Preisen zwischen zwölf und 45 Euro pro Flasche. „Wir haben noch keine
Stammkundschaft, aber viele Privatleute interessieren sich für unsere Weine - und
mittlerweile sogar die Gastronomie", freuen sie sich über die zunehmende Nachfrage.
Trotz aller Mühen sind beide nicht abgeneigt, das Weingut weiter zu vergrößern.
Wobei der zeitliche Aufwand dabei nicht wachsen dürfe. Auf der Wunschliste steht auch
ein Weinberg mit Frühburgunderreben. An Mut, etwas Neues zu wagen, fehlt es Torsten
Pollig und Jan Schmidt nicht.